Fahrtenseglers-Glück.de

Segeln als Digitale Nomaden

Was ich am Fahrtensegeln liebe

Dez• 29•14

Der Anker hat gefasst. Ich gehe zurück ins Cockpit und starte die Maschine, um den Anker einzudampfen. (Das macht man übrigens nicht mit Vollgas, wie ich gerade in einem alten Artikel über das Ankern in der Segeln lesen durfte, sondern gefühlvoll steigernd. Der Anker soll sich durch das Rückwärtsfahren ja erst einmal eingraben…)

DSC08053

Ima hat sich inzwischen angezogen. Ihr Blick fällt auf den lieblichen Wald.

„Wollen wir eine Wanderung machen?“ Das liebe ich am Fahrtensegeln. Am Unterwegs sein ganz allgemein. Das Fremde, das Unerwartete, das Neue entdecken…
„Au ja!“

So kommt es, dass wir kurz nach unserer Ankunft Echna zu Wasser lassen und ans Ufer rudern. Parallel zur Uferböschung verläuft ein befestigter Waldweg. Wir wandern ihn entlang, überqueren ein Sträßchen und stehen plötzlich vor einem riesigen Baum, dessen Stamm fünf Männer mit ausgebreiteten Armen vielleicht so gerade umfassen könnten. Dieser Baum strahlt etwas erhabenes aus. Nach einer Weile gehen wir weiter, vorbei an dem Schloss, das den Blick von See her dominiert.

Irgendwann öffnet sich der Wald. Was für eine atemberaubend schöne Landschaft! Balsam für die Seele. Das sind die kleinen (großen?) Glücksmomente beim Fahrtensegeln, die eigentlich gar nichts mit dem Segeln zu tun haben. Wir finden Brombeeren, aber sie sind alle noch nicht reif. Schließlich mündet der Feldweg auf ein schmales asphaltiertes Sträßchen.
„Umkehren? Oder sollen wir versuchen auf einem anderen Weg zum Boot zurückzukehren?“
„Lass uns weitergehen. Aber mir ist schleierhaft, wie du den Weg zum Boot finden willst.“
Ich vertraue da meinem Orientierungssinn, der mich nur selten im Stich lässt.
„Wir werden das Boot schon finden, im schlimmsten Fall müssen wir halt den Weg zurückgehen, den wir gekommen sind…“
„OK.“

Das Sträßchen führt durch einen Weiler. Vor einem der Häuser liegen vier riesige Zucchini und ein Zettel, auf dem nur ein einzelnes Wort steht. Soviel Dänisch verstehen wir glücklicherweise auch: „Gratis“. Wieder so ein Glücksmoment. Eine der Zucchini reicht uns allerdings völlig. Wir fühlen uns reich beschenkt, bedanken uns mit vor der Brust aneinandergelegten Handflächen und einer leichten Verneigung vor dem Haus und dem unsichtbaren Spender. Wir sind erst wenige Schritte gegangen, da nimmt Ima meine Hand.
„Klaus, habe ich dir mal gesagt, dass ich dich liebe?“ (Und noch einer…)Wir bleiben stehen und umarmen uns. Sie hebt ihren Kopf zu einem zärtlichen Kuss. Nach einer Weile lösen wir uns voneinander und ich komme endlich dazu ihre Frage zu beantworten:
„Ja. Schon oft.“ Sie lacht:
„Du bist ein Clown.“

Wir gehen weiter und finden uns an einer Kreuzung wieder.
„Und jetzt?“
„Links.“
In einem Garten arbeitet eine junge Frau. Sie stellt Kunsthandwerk zusammen. Ima ruft ihr zu:
„Dürfen wir gucken?“
Sie winkt uns herein und wir kommen ins Gespräch. (Ima kommt ins Gespräch) Das Deutsch der Frau ist exzellent. Sie macht die deutschsprachigen Führungen im Schloss und fährt morgen auf den Kunsthandwerkermarkt in Rudköping. Gelegenheit meine Navigation zu überprüfen.
„Zum Schloss geht es links herum?“
„Ja. Und dann immer geradeaus.“ Die beiden Frauen sind auf einer (Künstlerinnen-) Wellenlänge und verstehen sich blendend. Ich bin schnell als Banause erkannt und stehe ein bisschen daneben. Aber das tut der Schönheit des Augenblicks keinen Abbruch.

Schließlich verabschieden wir uns und gehen weiter. Nach einer Weile nähern wir uns einer Parkbucht, an der ein Auto steht. Dahinter geht ein Waldweg ab. Ich sage:
„Da vorne müssen wir rechts ab.“ Ima sieht mich mit großen Augen ungläubig an, aber fügt sich dann mit einem Achselzucken meiner Expertise.

Eine viertel Stunde später stehen wir vor Echna.
„Es ist mir rätselhaft, wie du das immer weißt. Für mich sieht das hier alles gleich aus.“ Ehrlich gesagt, ich habe auch keine Ahnung wie das funktioniert. Wenn ich es nicht weiß, spüre ich einfach wo ich lang gehen muss… Wobei der letzte Abzweig nach rechts einfach war: Ich hatte die Kreuzung wiedererkannt.
„Und mir ist es rätselhaft, wie schnell du mit wildfremden Menschen in Kontakt kommst.“

So bleiben wir uns gegenseitig ein Rätsel und das ist gar nicht das Schechteste, um eine Beziehung spannend zu halten…

♦♦♦

You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

6 Comments

  1. Dirk sagt:

    „…zu alter Höchstform aufgelaufen…“

  2. Peter sagt:

    Einfach nur schön…!

  3. Kerstin sagt:

    Lieber Klaus,
    alles Gute wuenschen wir Dir und Iman. Auf ein friedliches, zufriedenes und gesundes 2015. Mit vielen, vielen gluecklichen Seemeilen. Ok -erwischt…. Das ist jetzt nicht ganz uneigennuetzig…..es ist halt einfach schoen, lesend bei Euch mitsegeln zu duerfen, wie immer vielen Dank und liebe Gruesse aus Thailand, Kerstin

  4. Klaus sagt:

    Ach, danke Ihr Lieben!

    Das tut soooooo gut. :) Es ist wirklich eine Freude für Leser wie Euch zu schreiben! Dann wünsche ich Euch auch mal ganz … ähm … (un)eigennützig viele glückliche Seemeilen ;)

    Alles Liebe
    Klaus

  5. Fredy Wingeier sagt:

    Wie so oft ein packender Beitrag..ich wünsche euch Beiden ein tolles und zufriedenes 2015 ⛵️⛵️

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.