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Segeln als Digitale Nomaden

Néfertiti!

Nov• 16•12

Iman kannte Néfertiti nur aus meinen Erzählungen. Vermutlich ist es bei Segelbooten wie bei Menschen: Der erste Blick entscheidet … Imans erste Begegnung mit Néfertiti sollte daher wie der erste Blick eines Flirts werden.  Ein sanftes Lächeln.

Masten von Segelbooten hinter dem Deich

Wir konnten die Masten im Hafen Strijensas schon von weitem sehen

9. Juni 12

Schleppen. Der Riemen schlenkert, kaum zu bändigen, bei jedem Schritt. Gleis 4. Treppe runter. Das Band, meine Tragehilfe, rutscht von der Schulter. Die Arme werden länger …  Iman stöhnt unter ihrem Gewicht. (O-Ton Iman: „Mindestens 100kg.“) Sie kann nicht mehr, aber reißt sich zusammen. Ich kann auch nicht mehr. Noch ein paar Schritte, dann legen wir das Gepäck ab. Wir verschnaufen kurz.
„Los weiter. Der Zug wartet nicht.“

Die Reise zum Boot ist ein Abenteuer für sich. Fahrtensegeln ohne Auto? Ich besitze keines. Iman auch nicht. So landen wir am frühen Nachmittag auf dem Bahnhofsvorplatz von Dordrecht, inmitten eines Berges von Gepäck und den zwei riesigen Teilen des Riemens.

„Mit dem langen Ding da?“
Der Busfahrer zeigt auf den Riemen und weigert sich uns mitzunehmen.
Ich lasse Iman beim Gepäck zurück und gehe zum Taxenstand. Ein einziges steht da. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Riemen da hineinpasst. Ich klopfe und der Fahrer läßt die Scheibe herunter.
„Daaach. Prat ü deuts?“
„Ja.“
„Ich bräuchte ein Taxi nach Strijensas.“
„Sie haben eins gefunden.“ Ich zeige auf unser Gepäck.
„Ich habe einen langen, langen Riemen dabei.“
„Oh!“
Er telefoniert mit einem Kollegen. „Der kommt. Hat noch eine Tour, dann kommt er her.“

 

Segelboot Néfertiti im Winterlager Strijensas, Holland

Da stand Néfertiti, wie eine Königin, noch mit ihrem alten Namen

Nur ein paar Minuten später fährt das Lasttaxi vor. Die Fahrt soll 50 Euro kosten. Fast soviel wie unsere beiden Tickets nach Dordrecht zusammen. Aber nachdem Jan und ich tagelang den Riemen gebaut haben, werde ich ihn nicht auf den letzten 15 Kilometern zurücklassen.

Das Taxi fährt durch das flache Land. Iman erzählt dem Taxifahrer ganz überschwenglich davon, dass ihre erste Seereise ansteht. „Über die Nordsee?!“ Und da haben wir ihn. Den ersten Bremser, aus einer langen Reihe von wohlmeinenden Menschen, die uns vor der Nordsee warnen werden. Langsam nähern wir uns dem Hafen. Schon von weitem kann man hinter dem Deich die Masten sehen. Ich bin ganz aufgeregt. Meine Magnetkarte öffnet das Tor und wir fahren hindurch.

Néfertiti steht ganz hinten, unserer Königin. Ich verharre still. Was für wunderschöne Linien. Liebe erfüllt mein Inneres. (Das Wort ist nicht zu stark.) Das Taxameter steht bei 64 Euro.
„Gebt mir 55, ok?“
Was für ein schönes Omen. Das Gepäck ist schnell ausgeladen und der Fahrer läßt es sich nicht nehmen einmal um das Boot herumzugehen.
„Schönes Boot.“ Iman ist ganz still.
Ich bringe ihn durch das Tor.

 

Segelboot Néfertiti ist ein klassischer Langkieler

Wir stiegen die Leiter hoch …

Schnell zurück. Ich stelle die Leiter an die Bordwand und klettere hoch. Imans erste Begegnung mit dem Boot. Sie klettert vorsichtig die Leiter hoch. Néfertiti sieht bedauernswert aus. Überall Moos und Spinnweben. Ich stoße das Niedergangsluk auf. Wir klettern den Niedergang hinunter:
Es stinkt nach Diesel.

Iman setzt sich auf die schmale Koje. Ich quetsche mich an ihr vorbei, öffne das Vorluk und quetsche mich wieder zurück, um mich auf die gegenüberliegende Koje zu setzen. Iman schaut sich in der engen Kajüte um. Nach einer Weile lächelt sie mich an und sagt:
„Néfertiti hat Charakter.“
(Iman auch)

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