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Segeln als Digitale Nomaden

Des Tankwarts Sorgen

Feb• 29•16

Am nächsten Morgen herrscht grauer Himmel. Eine leichte Brise weht aus Ost. Wir sind früh auf den Beinen und nutzen den Tag. Ima setzt Teewasser auf. Ich gehe Ankerauf, wuchte den schweren Anker an Deck. Die Maschine läuft im Leerlauf. Sandgrund: Sauberer Anker! Ich lasche ihn fest und begebe mich zurück ins Cockpit. Verstelle den Schraubenhebel auf langsam vorwärts. Néfertiti nimmt Fahrt auf.

Wieder unterwegs

Los, los

Wir laufen genau auf der Peilung (und genauso vorsichtig wie beim Einlaufen) aus der Bucht hinaus. Diesmal ist es leichter, denn wir können auf die Untiefentonne zuhalten. Der Wasserkessel fängt an zu pfeifen. Ima ruft:

„Gas aus!“
„Gas ist aus.“ Wenig später erreichen wir das Fahrwasser nach Marstal. Ima kredenzt den Tee und für mich gibt es noch ein Müsli. Der Motor tuckert. Wir passieren Marstal und laufen durch das enge Fahrwasser gegen den Wind. Adé Dänemark. Adé Dänische Südsee. Die letzten Tage waren wunderschön.

Néfertiti erreicht die Ansteuerungstonne und wir gehen in den Wind. Ich rigge erst die Windfahnensteuerung und setze das Groß. Abfallen und Motor aus. Néfertiti nimmt Fahrt auf. Windfahne einkuppeln. Genua ausrollen. Trimmen. Wir sind unterwegs. Wie ein „Großer Sprung“ kommt es uns beiden nicht vor.

Eine halbe Stunde später. Für mein Gefühl segeln wir relativ dicht unter Land. Standen wir auf der Herfahrt letztes Jahr nicht weiter ab? Zur Sicherheit nehme ich eine Kreuzpeilung vom Leuchtturm und dem Kirchturm Marstals. Als ich sie eingezeichnet habe, schneiden sich die Peillinien weit jenseits des Bleistiftstriches der unseren geplanten Kurs markiert. Das wären 20 Grad Abdrift. Scheint mir sehr viel zu sein bei dem leichten Wind. Peilungenauigkeit? Ich kontrolliere die Rechnungen und nehme sogar die Peilungen neu: Das Ergebnis bleibt das Gleiche: Etwa 20 ° Versetzung. Wir korrigieren den Kurs. Werden den Kieler Leuchtturm sehr weit sehen können. Also kein Grund zur Beunruhigung. Ima sagt:
„Bloß gut, dass du es jetzt schon gemerkt hast.“ Das denke ich auch.

Zwei Stunden später taucht steuerbord voraus die Tonne auf, auf die ich den Kurs abgesetzt hatte. Das freut den Navigator genug, um auch das unlösbare Dilemma zu lösen. Der Wind hat nachgelassen und Néfertitis Fahrt ist auf etwa zwei Knoten gesunken. Das hat natürlich auch Auswirkungen. Unsere 3 Knoten Regel ist ja noch in Kraft.
Ima ist allerdings in großzügiger Laune.:
„Wir starten jetzt den Motor für eine Stunde, dann kannst du wieder eine Stunde mit 2 Knoten segeln.“
„Ok.“ Ich starte die Maschine. Nur eine viertel Stunde später ist der Wind wieder zurück und wir segeln mit 3-4 Knoten auf den Kieler Leuchtturm zu. Der ist nämlich inzwischen in Sicht.

Klaus im Niedergang

Smutje

Néfertiti gleitet schwungvoll über eine mäßig bewegte See. Sanft geht es auf und ab. Drei bis vier Windstärken. Halber Wind. Herrliches Segeln. Zwischendurch kommt sogar die Sonne heraus. Irgendwann bekomme ich Hunger und frage:
„Hast du Hunger. Ich könnte uns was kochen.“
„Ja. Tierisch!“ So wird der Kapitän zum Smutje…

Stunden später. Kiel Leuchtturm haben wir passiert. Imas Handy hat Netz und sie recherchiert, wo wir Diesel für die Kanalfahrt bunkern können.
„In Strande.“ Das liegt steuerbord voraus.
Vor der Hafeneinfahrt berge ich die Segel und wir laufen auf die zwei Molen zu. Während ich Fender und Leinen vorbereite, schlüpft Ima durch die Einfahrt. Kurz vorher werden wir noch rechts und links von zwei großen Yachten überholt. Die eine geht steuerbord gegenüber der Tankstelle an die Pier. An der Tankstelle liegt eine Yacht. Wir laufen gaaaaanz langsam heran.
„Braucht ihr noch lange?“
„Nee, wir sind fertig.“ Dann spare ich mir das Anlegen und drehe einen Kreis. Bevor der Kreis beendet ist, lösen die anderen ihre Leinen und ich fahre langsam auf den Ponton zu. Wir kommen aus der Kreisfahrt heraus genau richtig. Es sind noch 5 Meter zum Steg. Da ruft der Tankwart:
„Schneller!“ Ich ignoriere die unqualifizierte Äußerung einfach, da brüllt der Mann noch einmal und lauter diesmal:
„Schneller!!“ Ima, die am Want steht dreht sich zu mir um und wiederholt:
„Schneller, Klaus!“ Es sind noch drei Meter und der Skipper ist stur:
„Nein!“
Der Mann brüllt:
„SCHNEL-LER!!“ Und langsam fängt er an mich zu nerven. Ich verstelle den Schraubenhebel auf rückwärts.
Wir kommen perfekt. Ima gibt die Leine über und der Mann ruft:
„Weiter nach vorne!“ Na gut. Ich stelle den Schraubenverstellhebel auf langsam voraus und lasse Néfertiti parallel weiter gleiten, aber da habe ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Der legt sich plötzlich ins Zeug und zerrt Néfertiti an der Leine nach vorn. Néfertiti ist empört ob solch anmaßenden Verhaltens. Das Log geht von 0,4 Kn auf 1,3 Kn. Da sind wir aber schon am vorderen Ende des Pontons. Die 5 Tonnen schieben und ich muss mit Vollgas aufstoppen. Néfertiti tut ihr Missfallen kund, indem sie eine riesige Rußwolke ausstößt, die hinter uns im Wasser liegen bleibt. Der Tankwart übernimmt die Achterleine und belegt sie auf der stegseitigen Klampe. Schlingt sie unzählige Male herum. Ich wickele die Leine wieder ab und belege sie an Bord. Da sagt er empört:
„Was soll denn das?!“
„Ich führe die Leine zurück an Bord.“ Anders als er mache ich nur zwei Windungen und einen Kopfschlag. Das bringt mir gleich den nächsten Kommentar ein:
„Man macht keinen Kopfschlag!“ Was ist das für ein Witzbold?! Dann entdeckt er den Ruß auf der Wasseroberfläche.
„Was ist denn das?! Alles voller Ruß!“ Manche Leute wissen halt, was sie tun, auch wenn Siiiiiie sich das nicht vorstellen können! Denke ich mir. Laut sage ich:
„So etwas passiert, wenn man mit einem 45 Jahre alten Motor und Vollgas aufzustoppen muss.“ Da sagt er nichts mehr.

Segeln zur Kieler Förde

Am letzten gemeinsamen Tag schönstes Segeln

Dafür gibt er sich große Mühe uns zu betanken, ohne auch nur einen Tropfen daneben gehen zu lassen (Was ihm auch gelingt). Wenig später laufen wir wieder aus. Die eine große Yacht, die sich in der Hafeneinfahrt vordrängelte, legt ab und geht nach uns an die Tankstelle. Ohne es zu wollen haben wir uns wieder zurück vorgedrängelt …

Ima hat sich für heute einen Hafen gewünscht. Näher an der City. Wir haben uns den ehemaligen Olympiahafen Düsternbrook ausgeguckt. Schmale Einfahrt, enge Boxengassen. Néfertiti muss vorwärts, rückwärts sägen, um zu wenden. Schließlich finden wir eine freie Box, Ima legt die eine Achterleine über den Pfahl, ich die andere. Die Schraube geht langsam vorwärts. Mit beiden Achterleinen in der Hand dosiere ich die Fahrt, mit dem Ruder die Richtung des Bugs. Ima weist mich ein:
„Noch einen Meter … 50 Zentimeter … 30!“ Ich belege die Leinen und gehe nach vorne, übernehme die Vorleine von Ima und steige über. (Sie ist immer etwas unsicher, wenn es darum geht über den Bugkorb zu klettern.) Ich führe die Leine um den Poller und gebe sie Ima zurück. Sie belegt die Leine und gibt mir die zweite.
„Motor aus, bitte!“ Ima geht zurück ins Cockpit und stellt die Maschine aus, während ich die zweite Leine zurück an Bord führe und belege.

Das war unser letztes gemeinsames Manöver auf dieser Fahrt. Ima wird morgen mit dem Bus nach Hamburg fahren. Sie hat ihren Urlaub eh schon überzogen. (Gut wenn man sein eigener Chef ist)

Das Hafenmeisterbüro ist geschlossen. Wir spazieren einfach weiter über die Promenade. Ima hat Appetit auf ein Fischbrötchen und so finden wir uns an einer Fischbude wieder. Und auch für mich gibt es etwas: Ein leckeres I-hate-fish-Brötchen. So gestärkt laufen wir weiter bis in die Stadt und erstehen außer Frischproviant für mich auch endlich eine neue Thermoskanne.

♦♦♦

Dieser Blog Eintrag spielt am 10.8.

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4 Comments

  1. Marcus Fruggel sagt:

    Hafen-Tankwarte scheinen überall gleich zu sein – ich kenne mindestens 2 Typen, dass könnten Brüder von dem Exemplar in Strande sein.
    Was bin ich froh, dass unsere „lilla flicka“ nen AB mit Benzin von der normalen Tanke fährt.

    Gruß Marcus

    • Klaus sagt:

      Hi Marcus,

      ungeduldige Menschen gibt es ja überall. Manchmal sogar an Bord von Néfertiti … ;-)

      Die anderen, bei denen wir getankt haben, waren doch deutlich entspannter. Und auch der hier hat ja am Ende die Kurve gekriegt … naja … entschuldigt hat er sich für die Nötigung nicht. Aber wenigstens hat er uns nicht fort gescheucht, wie er uns heran gescheucht hat B-)

      Lieber Grüße
      Klaus

  2. Frank sagt:

    Moin,

    nun muss ich mal „eine Lanze für die Strander Tankwarte brechen“. Wir tanken seit Jahren mehrmals im Jahr mit verschiedenen Segelcrews dort und sind stets freundlich u. fachmännisch „behandelt“ worden.
    Im Übrigen möchte ich nicht wissen, was die Tankwarte bei ihrer Arbeit täglich erleben und erdulden müssen.

    Ich denke, man muss beide Seiten betrachten und na ja jeder von uns hat schließlich mal einen „schlechten Tag“, oder ?

    Gruß !
    Frank

    • Klaus sagt:

      Hi Frank,
      da hast Du natürlich auch Recht. Jeder hat mal einen schlechten Tag. Ich habe es ihm nicht nachgetragen und ihm zum Abschied einen schönen Feierabend gewünscht … :)
      (Obwohl ich auch an meinen schlechten Tagen andere nicht nötige … ;) )
      Liebe Grüße
      Klaus

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