Ich wache in aller Frühe auf. Schiebe das Luk auf. Naja. Grau in verschiedenen Schattierungen. Tolles Wetter geht anders. Der Wetterbericht kündigt Schauerböen an. Sonst um 5 Bft. Ich beschließe heute nur bis km 21 zu fahren. Und abzuwarten. Wenn das Wetter morgen besser werden sollte, biege ich hinter Brunsbüttel rechts ab, sonst links. Aber im Moment sieht der Trend eher schlecht aus. Schnell noch einen Tee machen, der in die neue Thermoskanne kommt. (Man kann sich auch mit der neuen Kanne noch den Mund verbrennen )
Um 7.40 Uhr gehe ich Ankerauf. Der Diesel tuckert. Ich sitze im Cockpit und lasse stoisch alle Wetterkapriolen über mich hinweg ziehen. Gegen 14.00 Uhr erreichen wir km 21. Ich lege mich zwischen zwei Pfähle. An einigen Pfählen wurden die eingelassenen Ringe aus dem Holz gerissen oder haben sich zumindest gelockert. Da hat wohl jemand nicht genug Lose gelassen, um den mitunter heftigen Schwell abzufedern. Trotzdem misstraue ich den Ringen und hänge meine Festmacher um den ganzen Pfahl. Werden halt ein bisschen nass. Was soll’s? …
Den Rest des Tages lausche ich dem Regen, der immer wieder auf das Deck trommelt, auf den Wind, der in den Bäumen rauscht und lese einen der drei Romane durch, die ich in Kiel noch erstanden habe. Es wird ein gemütlicher Urlaubstag bei widrigem Wetter. Leider klingt der abendliche Wetterbericht noch schlechter als der vom Morgen. Übermorgen sind 7 Windstärken angesagt und danach sieht es auch nicht gerade vielversprechend aus. Vielleicht sollte ich mich von der Idee Helgoland verabschieden und mir lieber noch ein paar schöne Tage auf der Elbe machen…?
Um 9.00 herrscht in Brunsbüttel Niedrigwasser. Die Tide läuft geschätzt noch eine Stunde nach. Also bin ich um 7.00 Uhr morgens wieder unterwegs.
Dieses Mal ist das Timing perfekt. Das große Tor steht offen, als ich mich der Schleuse von Brunsbüttel nähere. Das Licht blinkt weiß und die Yachten laufen ein. Ich gebe Vollgas und wir donnern auf die Schleuse zu. Eine halbe Meile … 700 m … 500 m … 400 … Das Tor schließt sich … Naja: Fast perfekt.
Ich lege bei dem böigen Wind im Schleusenhafen an. Und bereite mir im Cockpit ein fürstliches Frühstück. Wenn das wieder zwei Stunden dauert… Egal. Wir haben jetzt Zeit. Das Boot schräg gegenüber hat Funkkontakt zum Schleusenmeister. Ich genieße gerade mein weiches Ei, da werfen die ihre Leinen los. Vier, fünf Boote folgen. Ich stürze schnell den Rest herunter und werfe dann auch die Leinen los.
Es dauert „nur“ noch eine viertel Stunde. Hätte in aller Ruhe zuende frühstücken können. Schließlich öffnet sich das Tor zur Welt und wenig später schmeckt Néfertiti wieder Nordseewasser.
Ich setze die Segel und wir kreuzen gegen einen frischen Südost. Die Tide zieht mächtig und ehe ich mich versehe (und bevor die Tide kentert) ist Wedel in Sicht. Wir ankern hinter Schweinesand. Werde morgen noch hierbleiben es wird ja wohl erst am Wochenende laut werden und dann muss ich eh arbeiten…
Da mache ich aber die Rechnung ohne die unzähligen Motorboote, die den ganzen Tag mit Full Speed durch das Feld der Ankerlieger donnern. Hätte noch zwei Tage. Aber jetzt einen Tag elbabwärts segeln und dann wieder zurück? Kommt mir komisch vor. Also nehme ich doch die erste Flut am nächsten Morgen, um Néfertiti an ihren Liegeplatz zu bringen. Freue mich Boris und die anderen zu sehen.
Övelgönne, Containerterminal, Ellerholzhafen ziehen vorbei. Die Wasserschutzpolizei kommt in Sicht. Ein erhebendes Gefühl hat von mir Besitz ergriffen. Ich biege um die letzte Ecke. Da liegt unser Steg. Es gibt ein neues Boot am Steg. Boris Gefion ist etwas nach vorne gegangen und unser Liegeplatz ist kleiner geworden. Niemand ist da. Der Strom setzt nicht schlecht. Ich stoppe auf, bereite Leinen und Fender vor. Dann steuere ich langsam in die enge Lücke. Allein und unbeobachtet fahre ich das beste Anlegemanöver, das ich hier je gefahren bin. Perfekt. Eigentlich schade, dass es niemand mitgekriegt hat … Danach fängt es wieder an zu regnen und ich klare Néfertiti im Regen auf. Flüchte, als ich fertig bin, unter Deck und setze Wasser für einen heißen Tee auf. Da klingelt das Handy. Es ist Ima:
„Klaus, wo bist du denn jetzt? Wir bräuchten dich dringend für den Schnitt. Könntest du nach Berlin kommen?“
„Bin gerade angekommen. Ich könnte morgen arbeiten und abends fahren.“
„Bitte, bitte mach‘ das!“
„Ok.“
Die Welt hat mich wieder!
Aber heute werde ich noch einmal an Bord schlafen!
♦♦♦
Dieser Blog Eintrag spielt am 12. und 13. und 14.8.
Ein schöner Törnbericht, der sich gut gelesen hat. Es ist wie bei mir: am Ende des Urlaubs ist immer noch ziemlich viel Jahr übrig. Danke, das ich dabei sein durfte, bin gespannt auf dein nächstes Abenteuer.
LG Jens (SY Snugata)
Lieber Klaus, Du schreibst so gut, das ich traurig bin wenn Dein Urlaub zu Ende ist….Lass Dir nicht zu lange Zeit bis zur Fortsetzung
Und lieben Dank das ich mitsegeln durfte.
Liebe Gruesse aus dem Sueden, Kerstin
Oh, jetzt müssen wir wieder auf Deine gefühlvollen „Segelberichte“ warten. Auch von mir ein dickes Dankeschön für die schönen und traurigen Momente beim Lesen. Und wie immer, lieben Gruß natürlich auch an die Crew!
Carsten
Hallo Klaus,
Habe alle deine Segelberichte gerne gelesen.
Freue mich schon, wenn Ihr wieder auf Reise geht.
LG. Jürgen (SY ANI)
Planungszeit für neue Reisen,
sollten um die Träume kreisen…
—⛵—-
Bertram °
°°
>
Ich habe mich auf und über jeden deiner Berichte gefreut. Nun muss ich erstmal selber segeln; die Saison steht ja vor der Tür. Und wenn die bootlose Zeit beginnt, werde ich wieder bei euch an Bord sein.
LG Klauas
Danke für Eure schönen Kommentare. Ich spiele mit dem Gedanken diesen Sommer auch schon von unterwegs zu schreiben. Im Winter wie gewohnt ausführlich, und im Sommer ein paar Standortmeldungen: Vielleicht mal ein Foto, ein Logbuchauszug, eine kleine Begebenheit… Ich denke noch darüber nach, aber im Moment scheint mir das recht wahrscheinlich
Liebe Grüße
Klaus
….Wie jetzt…sehr wahrscheinlich? Ich will das schwer hoffen.
Habe gar nicht darueber nachgedacht, das Du das anders Hand haben koenntest. Freue ich mich doch einfach immer, wenn es Neues gibt auf Deinem Blog.
Und fuer den Herbst und Winter haben wir dann ja schliesslich auch Dein Buch….?
Liebe Gruesse aus dem Sueden, Kerstin
Moin moin Klaus, so – jetzt habe ich den ganzen Blog durch. Vielen Dank für die schönen Geschichten! Ich wünsche Dir und Ima eine schöne Segelsaison 2016!
Fair Winds,
Marcel (SY Akka)
Lieber Marcel,
danke für das schöne Kompliment.
Liegt deine Akka in Wismar?
So oder so wünsche ich dir auch eine tolle Saison 2016
Liebe Grüße
Klaus