Anlässlich eines der letzten Kapitel meines Buchs bin ich zu Bastian Hauck nach Schleswig gefahren. Ja, genau: Der Bastian Hauck, der das Buch „Raus ins Blaue“ geschrieben hat, und auch der Film „Post aus Haparanda“ stammt von ihm.
Nun sitze ich in der Werfthalle an Bord von Tadorna und kann es kaum fassen. Als ich Bastians Buch zum ersten Mal in die Finger bekam, hätte ich mir nie träumen lassen, einmal an Bord dieses herrlichen Bootes zu sitzen. Tadorna ist so wenig fertig ist wie Néfertiti.
„Irgendwann kriegt sie jeden.“ hatte die Voreignerin gesagt. Auch mein Herz hat Tadorna im Sturm erobert. Während mir Bastian noch einmal genau erzählt, wie das damals war, auf der Überfahrt nach Polen, als Tadorna bei stürmischem Wetter so schwer Wasser machte, dass die Bodenbretter aufschwammen, lasse ich meinen Blick durch die Kajüte streifen. Polster und ein Großteil der Inneneinrichtung sind noch ausgelagert, aber trotzdem spürt man den guten Charakter des Bootes. Ich kann es schwer in Worte fassen. Als ob all die guten Gedanken und Gefühle die in diesem Boot je gedacht und gefühlt wurden, immer noch da wären und wirkten. So hocke ich auf dem harten Kojenbrett und lausche Bastians Worten. Versuche mich hineinzufühlen in die schweren Momente bei der Überfahrt, aber mir ist bewusst, dass man manche Dinge nur begreifen kann, wenn man sie erlebt hat.
Ich bin beileibe nicht der einzige Besucher heute auf der Werft und ich kann mir vorstellen, dass es nicht immer leicht ist, Sachen fertig zu kriegen. Am Wochenende hat Bastian ein schnuckeliges altes Motorboot erstanden.
„Hast du Lust die erste Fahrt mitzumachen?“ Klar habe ich. Jean Pierre von International kommt auch mit. So spazieren wir zum Hafen. Das alte Motorboot ist eine Augenweide.
„Kann ich mit den Wanderstiefeln an Bord, oder soll ich sie ausziehen?“
„Quatsch, komm an Bord!“Als ich mit meinen schweren, gefühllosen Wanderstiefeln auf das Schanzkleid steige, trete ich, ohne es zu bemerken, auf einen Belegnagel, der sich unter meinem Gewicht verbiegt. Es ist mir furchtbar peinlich.
„Entschuldigung.“ Bastian biegt ihn wieder gerade und sagt:
„Halb so wild!“ und grinst mich an. Bald tuckern wir auf die Schlei hinaus.
Ein toller Tag. Ich fühle mich schon die ganze Zeit mit Bastian auf einer Wellenlänge, und diese Fahrt wird die Sahne auf dem Kuchenstück. Für mich das erste Mal dieses Jahr auf dem Wasser! Was freue ich mich, wenn ich mit dem Buch fertig bin und endlich an Néfertiti arbeiten kann. Schließlich schleichen wir uns über flaches Wasser an der Möweninsel vorbei zu einem Steg. Ich steige über und brauche nur noch die Wiese zu überqueren, um zum ZOB zu kommen. Es fahren zwei Busse am Tag, einer mittags und dieser, aber in einer halben Stunde sollte ich das schaffen. Zum Abschied ruft Bastian mir zu:
„Das nächste Mal treffen wir uns mit den Booten. Dann können sich auch unsere Ladies kennenlernen.“ Ich freue mich darüber und hebe den Daumen als Zeichen, das gut zu finden.
„Meldet euch einfach, wenn ihr in der Nähe seid!“ Das machen wir, Bastian!
Am ZOB steht noch kein Fernbus. Ich gehe von einer Haltestelle zur nächsten. Kein Hinweis auf den Fernbus nach Hamburg.
„Entschuldigung, wo fährt denn der Bus nach Hamburg ab?“
„Nach Hamburg? Da sind sie hier ganz falsch! Der fährt am Schleihallenparkplatz ab.“ Ohhh!
„Nimm den Bus da drüben! Der fährt zum Schleihallenparkplatz.“ Ich haste zu dem wartenden Bus.
Der Busfahrer des Linienbusses ist toll. Ich schildere mein Dilemma und er erklärt mir ganz genau, wo ich aussteigen muss. Aber er ist an seinen Fahrplan gebunden und fährt erst fünf Minuten vor Abfahrt des Fernbusses ab.
„Bin ich zu Fuß schneller?“
„Nee, keinesfalls.“ Das kann knapp werden. Dreimal dreht sich der freundliche Busfahrer zu mir um und entschuldigt sich dafür nicht früher losfahren zu können. Dabei bin ich ganz gelassen. Zur Not werde ich trampen.
„Der Bus kommt ja aus Flensburg. Vielleicht hat er etwas Verspätung.“ Diesmal hat er keine Verspätung. Mit einem kleinen Spurt schaffe ich es trotzdem. Erleichtert lasse ich mich auf meinem Platz nieder und denke: Das war ein toller Arbeitstag, der sich ganz und gar wie Urlaub anfühlte.
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