Fahrtenseglers-Glück.de

Segeln als Digitale Nomaden

Spione

Dez• 27•17

Wir sind früh wach. Der Himmel verspricht einen wunderschönen Tag. Eigentlich wollten wir nach Südwesten in den Als Fjord segeln. Auf dem Weg liegt das Schießgebiet Halk. Ich hatte dieses Schießgebiet in der Vorbereitung gecheckt: Heute wird da nicht geschossen. Wir könnten hindurch segeln und müssten nicht außen herum. Aber der Wind kommt aus Südwest und soll morgen auf Südost drehen. Da macht es mehr Sinn heute nach Südost zu segeln und morgen mit Südwestkurs nach Schleimünde. Vielleicht können wir beide Male anliegen…

Hubschrauber auf Kollisionskurs

Hubschrauber auf Kollisionskurs

Helnaes Bugt ist eine Bucht, in der ich immer schon gerne ankern wollte. Schon auf meinen Fantasietörns, bevor ich ein eigenes Boot besaß.
„Was denkst du?“ David gehört glücklicherweise zu den Leuten, die sagen, was sie denken:
„Ich fände einen Hafen nicht schlecht.“ Lyö oder Mommark bieten sich an. Da ich Lyö schon kenne…

Morgen soll es ordentlich wehen. Wenn wir Mommark anlaufen, brauchen wir morgen nur um die Huk, bzw. die im Südosten von Als vorgelagerte Untiefe, dann müssten wir Schleimünde anliegen können. Der Plan scheint gut…

Nach einem kurzen Frühstück gehen wir ankerauf. Die Sonne lacht. Erste Cumulus Wolken haben sich gebildet, türmen sich weiß und majestätisch. Unter Groß und Genua segeln wir an der Steilküste entlang. In gebührendem Abstand. David steuert. Die Bucht weitet sich. Néfertiti plappert munter. Wir haben ernstere Themen zu fassen:
„Mein Eltern konnten kaum glauben, dass ich zu dir fahren würde. ‚Was will der denn von Dir?!‘ haben sie gefragt…“
„Wie?“ Ich bin perplex und auch etwas vor den Kopf gestoßen, ob der Unterstellung die da mitschwingt. David gibt das Gespräch wieder:
„’Nichts, der ist einfach nur nett‘, habe ich gesagt.
‚Aber du willst doch nicht wirklich dahin fahren?!’“

Natürlich kann ein Teil in mir die besorgten Eltern verstehen, aber trotzdem fühle ich mich ohne Ansehen meiner Person in eine Ecke gestellt. Das fühlt sich ziemlich mies an. Als ob ich anderen etwas antun würde! Dass mich jemand mit solchen Augen sehen könnte, hätte ich mir nicht träumen lassen. Aber das soll uns die gute Stimmung an Bord nicht vermiesen:
„Schön, dass du trotzdem gekommen bist!“ Bin froh, dass David mich verteidigt hat. Offenbar haben sie ja auch ihren Widerstand aufgegeben.
„Das hätte ich mir doch um nichts in der Welt entgehen lassen! So oft, wie ich von Néfertiti gelesen habe. Und jetzt bin ich hier!…“ Unglücklich sieht er wirklich nicht aus… Da verändert sich sein Blick: „Was ist denn da los?!“

Hubschrauber auf Kollisionskurs

Auf Kollisionskurs

Aus meinem Rücken nähert sich ein Hubschrauber. Im Tiefflug. Wenige Meter über dem Wasser. Und: Auf Kollisionskurs! So etwas sehen die Kollisionsverhütungsregeln nicht vor. Er hängt allerdings an einem Patrouillenboot. Keine Sichtzeichen, die eine Manövrierbehinderung anzeigten. Scheinbar haben wir Wegerecht, aber können die überhaupt ausweichen? Noch haben wir Zeit.
„Bleib erst einmal auf Kurs.“ Das sagen die sich drüben wohl auch. Aber die Peilung steht. Obwohl die drüben relativ hohe Fahrt laufen und wir vergleichsweise langsam sind.
„Wir sollten denen den Gefallen tun und abfallen.“
„Okay.“ So etwas Ähnliches haben die drüben wohl einen Moment früher auch gedacht, denn in dem Moment ändert das Patrouillenboot vorsichtig den Kurs, dreht auf unser Heck zu.
„Warte!“ Das Patrouillenboot dreht weiter. Wird dicht hinter unserem Heck passieren. Alles klar.
„Bleib auf Kurs!“ Der Hubschrauber passt seinen Kurs dem des Patrouillenbootes an. Das müssen die gestern Nacht auch gemacht haben. Jetzt passiert uns das seltsame Gespann achtern und entfernt sich zügig. Sie laufen weiter auf das Schießgebiet Halk zu.

Wir nähern uns Als. An Backbord streckt sich Fyn. Ein weißes Gebäude ist mir schon länger aufgefallen. Ich vermute, dass es sich dabei um den Leuchtturm von Helnaes handelt.
„Hast du Lust auf Navigation?“
„Klar!“
„Dann schau doch mal, ob du herausfindest, was es mit dem weißen Gebäude da drüben auf sich hat.“ Ich übernehme die Pinne und David stöbert mit Feuereifer im Ostseehandbuch und Seekarte. Nach einer Weile sind wir sicher, dass es tatsächlich der besagte Leuchtturm ist. Eine perfekte Landmarke, bei Tage und in der Nacht. Vielleicht sollte ich David die Navigation überlassen, wenn er Lust dazu hat? Naja. Morgen könnte es ruppig werden. Will ja nicht, dass er seekrank wird. Aber bei guten Bedingungen…

Hubschrauber auf Kollisionskurs

Geht klar!

Es gibt zwei Untiefen auf unserem Weg. Ich erinnere mich an die Sturmfahrt mit Ima. Genau hier. Wir haben damals sogar die Genua zerrissen. Beide Untiefen bleiben heute an Backbord. Die Sonne scheint und Néfertiti zieht still ihre Bahn an der bewaldeten Ostküste von Als entlang. Ein leises Glucksen vom Bug her. Traumhaftes Segeln. Im September! Der Wind nimmt ab. David übt Peilungen. Auch wenn ich einen Blick drauf habe: Er ist es, der uns sicher nach Mommark navigiert. Der Wind schläft ein und wir starten die Maschine.

Mit dem letzten Licht tuckert Néfertiti durch die schmale Hafeneinfahrt. David bereitet Leinen und Fender vor. Am Liebsten würde ich direkt an der Mole liegen, aber da soll es laut Karte zu flach sein… Ich brauche meinen Blick nicht lange schweifen zu lassen: Da drüben ist auch ein Plätzchen frei. Wir drehen langsam auf den zweiten Platz zu, als auf der Mole eine Mann von seinem Boot auf den Schlengel klettert und uns winkt:
„Kommt her. Ich nehme eure Leinen an!“ Ich rufe zurück:
„Ist das nicht zu flach? Wir haben 1,50 m Tiefgang.“
„Nein. Wir haben auch 1,30 und das reicht dicke.“
Wer kann, so herzlich eingeladen, schon widerstehen? Auch wenn mir eine verlässliche Zahl, wie z.B. 1,90 m lieber wäre. Wir laufen so langsam an, dass eine Grundberührung kein Beinbruch wäre… Kurz darauf sind wir fest. (Ohne Grundberührung, wie ich an der Stelle mal ausdrücklich betonen möchte ;) ) Der Mann ist einem Schwatz nicht abgeneigt.
„Wo kommt ihr denn her?“ David antwortet ihm:
„Halk Grund.“
„Das sagt mir nichts.“ Ich füge erläuternd dazu:
„Ein Ankerplatz bei Aerö.“
„Dann seid ihr aus der Dänischen Südsee rüber gekommen.“
„Nee, aus Norden. Der Ankerplatz liegt vielleicht zwei Meilen südwestlich von Aerö.“
„Ach ihr meint Aerö [Ohrö]. A mit nem Kringel drüber ist Doppel A im Dänischen und wird [Oh] ausgesprochen, wie bei Otto. [Ärö] liegt da drüben.“
„Ach so.“
Überhaupt scheint unser Nachbar nicht nur ein hilfsbereiter sondern auch belesener Mensch zu sein. (Auch am nächsten Morgen werden wir noch ein anregendes Schwätzchen führen, bevor wir ablegen. Er erzählt von Geschichte und Geschichten des Landes.) Inzwischen ist die Sonne untergegangen. Wir schlendern um das Hafenbecken herum und suchen den Hafenmeister. Mommark entpuppt sich als ein hübscher kleiner einladender Hafen. Wir bezahlen unseren Obolus letztlich im Restaurant und David bekommt dort auch seinen Stempel für das Meilenbuch.

♦♦♦

Dieser Blog Eintrag spielt am 24.9.

You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

2 Comments

  1. Carsten sagt:

    Hallo Klaus,
    den Tiefflug scheinen die Piloten dort zu lieben. Auch wir wurden mit unserem Kat im Tiefflug angeflogen. Da dachte ich eher, dass sie uns bei unseren roten Rümpfen und dem roten Segel mit einer Rettungsinsel verwechselt haben.

    Gruß Carsten

    • Klaus sagt:

      Hi Carsten,
      Uns haben sie sicher nicht mit einer Rettungsinsel verwechselt. Eher mit einer Schikane, die etwas Würze in den langweiligen Manövertrott bringt ;)
      Ich wünsche Dir und denen die Dir nahe stehen ein wunderschönes Neues Jahr!
      Liebe Grüße
      Klaus

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.