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Segeln als Digitale Nomaden

Feierabend

Mrz• 20•20

Später Nachmittag. Der leichte Wind hat auf Nordwest gedreht. Wasser ist gebunkert, die Proviantlast aufgefüllt. Ima hat den Report abgeschickt. Wir haben hier nichts mehr zu tun. Néfertiti ist auslaufbereit. Ich würde mich gerne von Thomas verabschieden, aber der ist mit einer Flasche Hochprozentigem Richtung Lagune aufgebrochen, um sich bei einem Segler zu bedanken, der ihm geholfen hat. Ja. Wir haben inzwischen Thomas wieder getroffen, der uns so großzügig begegnet war. Seine eigene Fahrt unterbrochen hatte, sogar die Segel geborgen, nur um sicher zugehen, dass bei uns an Bord alles in Ordnung war.

Segelboot Néfertiti ankert im Watt bei Spiekeroog

Ein herrlicher Abend …

Es passiert oft, wenn man sich zu sicher fühlt. Welcher Segler kennt das nicht? Das musste auch der hauptberufliche Feuerwehrmann erfahren.
„Oh Mann, das war so blöd, aber ich habe in dem Moment nicht nachgedacht.“ So lief Thomas, ein überaus erfahrener Wattsegler, nahe Hochwasser in der Lagune auf, einem (ehemaligen?) Ankergeheimtipp vor dem Weststrand Spiekeroogs, der für Néfertiti eindeutig zu flach ist. Leider liefen die nächsten Hochwasser nicht mehr so hoch auf, dass sein Boot von alleine wieder flott geworden wäre. Also hat Thomas sich seinen Weg zurück graben müssen.
„Jahrelang habe ich umsonst einen Spaten mitgeschleppt, aber jetzt hatte ich nur einen Topf zum Graben!“
 Schade, dass wir nicht in der Nähe waren. Wir hätten Dir gerne geholfen. Jetzt ist er unterwegs sich zu bedanken und wir starten ohne Abschied. Nicht, dass wir es heute besonders weit hätten. Aber wir wollen das Wohlwollen des Hafenmeisters nicht überstrapazieren und sind auch nicht ganz frei von der Tide.

Der Motor tuckert sonor. Néfertiti läuft in den Vorhafen, wo ich die Genua setze. Diesmal beachte ich den Haken. Wir segeln gemächlich Pricke für Pricke ab, bis wir in der tiefen Balje stehen. Von hier halten wir ostwärts. Schnell wird es flacher und ich steuere wieder südlicher. Schließlich ankern wir auf dreieinhalb Metern etwas südwestlich der Hafenzufahrt. Kurz eindampfen.

Auf uns wartet eine wunderschöner lauer Sommerabend. Néfertiti liegt vollkommen ruhig. Das Barometer steht bei 1028 hPa, der Wind begibt sich zur Ruhe. Für die Nacht erwarten wir keine Wetterunbill. 

Ima hat zur Feier der Abgabe Fleisch gekauft und tagsüber in einer köstlichen Marinade eingelegt. Jetzt brät sie es. Bald schlemmen wir im Cockpit.
„Sag mal Klaus.“
„Ja.“
„Müssen wir morgen weiter?“
„Nein. Wir feiern Deine Abgabe. Wir können machen, was immer du willst.“
„Echt?“
„Echt!“
„Dann bleiben wir noch einen Tag?“ Ich nicke und das bringt dem Skipper einen zärtlichen Kuss ein.

Néfertiti vor Anker im Watt

… im Watt

Später sitze ich noch im Cockpit und genieße die schöne Abendstimmung. Es herrscht fast Flaute. Ein später Segler nähert sich. Ich halte das Boot für einen Warham Katamaran. Jedenfalls ist es einer der wenigen Katamarane, die mir optisch gefallen. Ich habe Glück, denn die Strömung zieht sie mehr durch die Balje, als dass sie segeln würden. Genau auf Néfertiti zu, so dass ich das schöne Boot ausgiebig bewundern kann. Schlussendlich starten sie kurz die Maschine, um sich von Néfertiti frei zu halten. Grüße gehen hin und her. Ich nippe an meinem Kakao und sehe den beiden an Bord zu, wie sie weiter auf den Strand zu halten, um schließlich in Gefilden zu ankern, die für Néfertiti unerreichbar sind. Später kommt noch eine Einrumpfyacht von Néfertitis Größe. Sie fahren den Priel weiter hinauf und dann vierkant auf den Strand, um sich trockenfallen zu lassen.

Ich gehe hinunter in Néfertitis Kajüte, stelle meinen Becher in die Spüle und schalte das Ankerlicht ein. Ima schläft schon. Auf uns wartet eine geruhsame Ankernacht im Watt.

 

♦♦♦

 

Dieser Artikel unseres Blogs spielt am 23.8.

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2 Comments

  1. Stöckmann Thomas sagt:

    Hallo Klaus,
    wie immer sind die Berichte von Deinen Segelabenteuern mit Ima und Nefertiti toll zu lesen. Das ich einen kleinen Teil einer dieser Geschichten beisteuern konnte hätte ich mir beim Lesen in der Vergangenheit nie denken können.
    Zur Freude meiner Lieben hier zu Hause komme ich ja gut weg in der Geschichte.
    Über mein kleines Unglück an der Westseite von Spiekeroog kann ich mittlerweile schon wieder schmunzeln(hat aber etwas gebraucht um es zu verdauen).
    Ich hoffe wir sehen uns in der diesjährigen Saison mal wieder, so denn es einen Segelsommer für uns gibt in diesem Jahr.
    Bleibt gesund
    Thomas

    • Klaus sagt:

      Lieber Thomas,
      ich freue mich, dass Du das gelesen hast! :) Ich finde ich es großartig, dass du bei ungemütlichen Bedingungen ohne zu Zögern Deinen Törn unterbrochen hast, um sicher zu gehen, dass es uns gut geht. Noch einmal Danke dafür! Aus tiefstem Herzen.

      Schön, dass Du über Dein Missgeschick inzwischen schmunzeln kannst. Hoffen wir mal, dass wir im Sommer segeln können und wenn sich unsere Kurse abermals kreuzten wäre es mir ein echte Freude.

      Was Corona angeht: Jetzt zeigt sich was für Menschen wir wirklich sind. Welchen Charakter wir haben… Wenn ich dieser Tage in einem Supermarkt zwanzig Pakete Reis im Regal finde: Kaufe ich dann zwanzig Pakete für mich? Oder nehme ich nur eines, damit andere ebenfalls noch eines kaufen können?
Wir sind wohlauf. Nein. Aller Aufgeregtheit um uns herum zum Trotz
      trifft es das Wort „glücklich“ wohl eher. Ich hoffe, das gilt auch für Dich und Deine Lieben!

      Pass gut auf Dich auf!

      Liebe Grüße
      Klaus

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