Am nächsten Morgen liegen wir immer noch vor der Schleuse. In aller Herrgottsfrühe weckt mich das Tuckern eines Fischkutters. Der Wind heult zwar noch im Rigg, aber anscheinend öffnet die Klappbrücke wieder. So denke ich, drehe mich noch einmal um und schlafe wieder ein.
Irgendwann wache ich auf. Inzwischen hat der Sturm so zugenommen, dass die Brücke nicht mehr geöffnet wird. Beim Fahrtensegeln sollte man gute Gelegenheiten beim Schopf greifen.
Vor dem Yachtsteg liegt ein bemanntes Taucherschiff direkt am Kai. Ich gehe hinüber, um nach den Verhältnissen im Hafen von Greetsiel zu fragen, denn bei stürmischem Wind in einen fremden Hafen einzulaufen ist immer so eine Sache.
„Kein Problem. Da habt ihr massig Platz.“
Als sie von unserem Unglück erfahren, stellen sie uns ungefragt eine Gasflasche an Deck.
„Damit ihr was kochen könnt. Wir fahren gleich mit dem Auto in den Ort. Willst Du mitkommen?“
„Klar.“
Ich fahre mit dem Maschinisten nach Greetsiel, während Iman beim Boot bleibt. Tatsächlich hat er im Ort nichts zu tun. Die Fahrt dient einzig der Suche nach unserer neuen Gasflasche. In der Tankstelle werden wir fündig.
Tausend Dank noch einmal.
Als wir mit einer vollen Gasflasche zurückkommen, reicht der Skipper Iman gerade einen langen Wasserschlauch an Bord, damit sie unsere Wasserflaschen wieder füllen kann. Er schmunzelt über unser Flaschensystem, aber die holländischen Entkeimungstabletten von René geben dem Wasser im Tank einen furchtbaren Geschmack.
„Pumpt doch euren Tank aus und füllt ihn mit unserem Wasser. Wir haben Aquaclean. Das hat keinerlei Nebengeschmack.“ Dann fahren sie mit ihrem Auto weg, diesmal, um einen Baumarkt für sich suchen, aber nicht in Greetsiel, sondern etwas weiter.
Bevor wir unsere Tanks leeren und mit ihrem Wasser auffüllen können, winkt uns der Schleusenwärter zu sich. Ich gehe hoch zum Schleusensteuerstand. Auch der Schleusenwärter ist hilfsbereit:
“Es hat ein bißchen abgeflaut. Wenn ihr euch beeilt, könnt ihr nach der nächsten Bö durch.“ Das muss er mir nicht zweimal sagen. Im Dauerlauf renne ich zu Néfertiti zurück.
Kaum haben wir losgeworfen, öffnet sich die Brücke und nach einer kurzen Schleusung fahren wir durch den Kanal nach Greetsiel. Wir tuckern durch das Naturschutzgebiet. Auf dem Kanal legt sich der Schaum in Streifen. Die Böen erreichen Sturmstärke.
Der Hafen ist voll. Der Skipper des Tauchschiffs behält Recht: Wenigstens bietet Greetsiel genug Raum zu manövrieren.
„Wenn wir anlegen, Iman: Die Luvleine ist wichtig! Wenn Du die fest hast, schaffe ich den Rest alleine.“
Iman nickt mir zu. Sie wird das schaffen. Langsam fahren wir am Gästesteiger entlang. Vielleicht zwischen dem Botter und der Yacht? Ein Probeanlauf. Zu eng. Weiter.
Auf dem Steg winkt ein Mann und weist uns den Weg zu einer freien Box innen. Wir drehen, um auf die innere Seite der Steganblage zu kommen.
Drei Männer nehmen uns in Empfang und bald liegen wir sicher in Greetsiel. Als sie wieder zu ihren Booten zurückgekehrt sind, kontrolliere ich unauffällig ihre Knoten. Alles bestens, aber sicher ist sicher …
Der Sturm heult in den Wanten. Schön jetzt im sicheren Hafen zu liegen und nicht draußen auf der Nordsee zu segeln. Obwohl das heute nur wenige Seemeilen waren, steckt uns noch der gestrige Tag in den Knochen: Es fühlt sich an, als hätten wir wunders was für einen Törn hinter uns. So spazieren wir in den Ort. Kaufen ein. Trinken irgendwo einen Kaffee und lassen es uns gut gehen. Ich komme endlich mal wieder dazu, in aller Ruhe die Notizen für meinen geplanten Blog zu vervollständigen.
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Die Luvleine…mein liebstes Utensil beim An.-
Ablegen, wenn es stürmisch ist.
Jaja, die Luvleine …
Habe immerhin entdeckt, dass man als Rudergänger(in) den an der Luvleine ein bisschen mittels Motorkraft unterstützen kann …
Das ging in der Nacht vor diesem Artikel nicht (Ablandiger Wind). Da ist Iman über sich hinaus gewachsen, um erst einmal die Landverbindung herzustellen. Auch wenn wir den rest dann mit vereinten Kräften gemacht haben.
Allerdings haben wir eine eiserne Regel: Nie springen! Wenn es dem Rudergänger nicht gelingt, den anderen so am Steg abzusetzen, dass er bequem (und sicher)übersteigen kann, fährt man halt einen neuen Anlauf …
Liebe Grüße
Klaus
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