Kein Windhauch kräuselt das Wasser.
Spiegelglatt liegt die Elbe unter einem grauen Himmel. „Platsch“ machen die Ruderblätter und wieder: „Platschplatsch.“
Ich bin nicht der geschickteste Ruderer. Aber die Ebbe hilft und langsam nähern wir uns der Anlegestelle auf Pagensand. Plötzlich schlurft das Schlauchboot über Grund. Im lehmigbraunen Wasser kann man die Tiefe nicht erkennen, aber wir sitze fest und es sind noch fünf unüberbrückbare Meter bis zum Ufer. Also verholen wir Echna zum Steg. Nahe Niedrigwasser ist die Leiter ganz schön hoch. Fünf, sechs Meter geht es hinauf. Ich klettere nach oben, winde mich an der Kette vorbei und mache Echna am Geländer fest. Ich schaue nach den windlosen Wolken. Wenn es so bleibt, werden wir heute nicht segeln können.
Wir stapfen durch nasses Gras. Eine Insel für uns allein. Niemand da. Wiesen, Wald, ein kleiner Strand. Alles nass, aber idylisch. Irgendwann endet der Weg im Gebüsch. Wir kehren um, wandern wieder am endlosen Spülfeld (Achtung Lebensgefahr!) entlang. Meine alten Wanderstiefel werden nass, bald auch meine Socken, aber das tut dem Zauber dieser Insel keinen Abbruch. Immerhin regnet es gerade nicht. Iman ist mit ihren Seestiefeln besser gerüstet. Als wir zum Anleger zurückkommen, ist die Tide längst gekentert. Ab und zu kräuselt sich die Wasseroberfläche. Aber Wind kann man das kaum nennen.
Wir gehen ankerauf und nehmen unter Motor das letzte Stück in Angriff. Die Wolken ziehen tief über uns hinweg. In den Regenfahnen geht die Sicht weit zurück. Wir bleiben schön außerhalb des Fahrwassers, aber es herrscht ohnehin wenig Verkehr. Der Wind legt zu, recht böig. Wenn es geht, ziehe ich die Genua auf. Noch ein bisschen segeln …
Finkenwerder … Övelgönne … Fischmarkt … Ein eigenartiges Gefühl sich den vertrauten Orten jetzt auf eigenem Kiel zu nähern. Erhebend. Beglückend. Wie oft bin ich hier entlang spaziert, sehnsüchtig aufs Wasser schauend. Jedem Segel folgend. Der Michel kommt in Sicht. Den kann ich auch von meiner Wohnung sehen.
Silke und Ebi erwarten uns am City-Sporthafen. Wir klönen an Bord, erzählen, sind noch nicht wirklich wieder zurück. Später suchen wir den Hafenmeister. Der Kiosk ist geschlossen. Dienstschluss. Ich zucke mit den Achseln: „Der Hafenmeister ist schon weg.“
Da ertönt hinter uns eine sonore Stimme: „Nee.“
Zwei Männer sitzen hinter uns gemütlich im Cockpit eines Motorbootes. Der eine zeigt auf den anderen und sagt:“Das ist der Hafenmeister.“ Der erhebt sich, verharrt plötzlich mitten in der Bewegung und fragt dann: „Oder können wir das morgen machen? Eigentlich habe ich schon Feierabend.“
„Klar! Machen wir morgen.“
Iman ist so stolz auf die Beendigung ihrer ersten Reise unter Segeln, dass es aus ihr heraussprudelt.
„Das war meine erste Segelreise. Ich war fünf Wochen auf See!“
Das macht die beiden neugierig. „Und er hat mir gleich am ersten Tag, kaum dass wir aus dem Hafen waren, die Pinne in die Hand gedrückt!“
Die beiden laden uns zu einem Glas Wein ein. So klingt unser Törn mit zwei alten Seebären aus. So schön wie er begonnen hat. Zur Wohnung sind es keine 200 Meter. Als wir ein bißchen angeschickert zum Boot zurückgehen, fragt Iman:
“Wollen wir heute nicht noch einmal auf dem Boot schlafen?“ Ich bleibe stehen und schaue ihr in die Augen:
„Ja. Total gerne!“
So bereite ich abends ein letztes Mal die Wärmflasche, die ich jeden Abend für Iman gemacht habe. Wir hören das Wasser an der Bordwand entlang glucksen. In unsere Freude, diese Fahrt gut gemeistert zu haben, mischt sich ein Tropfen Wehmut. Aber die nächste Reise kommt bestimmt …
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danke euch für die wunderbaren reiseberichte.
gruss hans
ps: ich warte auf wärmeres frühlings/arbeitswetter.
bin dann des öfteren an bord und freue mich auf
euren besuch!
Lieber Hans,
danke auch Dir für Deine ermutigenden Kommentare. Es ist einfach schön, nicht nur für ein anonymes Publikum zu schreiben, sondern in Dialog zu kommen. Wir freuen uns auch auf den Frühling. Wäre schön, Dich bald leibhaftig kennenzulernen.
Liebe Grüße
Klaus
P.S.Wir wollen heute zu Néfertiti raus. Mal sehen, wie es der alten Lady geht.
Hallo Klaus und Iman,
ein ganz toller Reisebericht. Ich lese gerne solche Berichte, weil man so auch aus den Erfahrungen anderer profitieren kann. Ich freue mich auf diese Segelsaison und hoffe, dass es nicht mehr so lange dauert.
Liebe Susanne,
danke Dir. Das freut uns beide!
Wir wünschen Euch auch eine wunderschöne Saison.
Und passt gut auf Euch auf!
Liebe Grüße
Klaus und Iman