Am Morgen bin ich früh auf den Beinen, schiebe das Luk auf und kann mich kaum satt sehen an dem Grün. Der Himmel ist grau. Es fängt an zu nieseln. Ich schiebe das Luk wieder zu. Ima sieht mich aus ihrem Schlafsack aus an:
„Und?“
„Grau und fies… Aber wunderschön!“
„Wir segeln aber trotzdem weiter, oder?“
Morgen habe ich das Interview mit dem Hamburger Abendblatt. Hier hätte ich guten Empfang. Andererseits ist der im Führer so lieblich aussehende Ankerplatz von Sannäsfjorden auch nicht so weit von Havstensund entfernt… (Luftlinie)
„Wenn du willst…“
„Ja. Immer etwas Neues entdecken!“ Erst einmal setze ich Wasser auf. Für einen Frühstückstee. Danach wende ich mich dem Kartentisch zu und bereite die Navigation vor. (Unproblematisch)
Interview mit dem Hamburger Abendblatt
Labsal für die Seele
Ima und ich wandern seit Stunden über Trossö. Querfeldein. Nur Felsen und Wald. Das Grün ist Labsal für die Seele. Dichtes Unterholz verstellt uns den Weg.
„Hier geht es lang.“
„Nein. Hier.“
„Ich bin mir sicher.“
„Ich auch!“
Ein guter Moment, um erst einmal eine Tasse Tee zu trinken…
Der Klabautermann
„Wir haben kaum noch frisches Obst.“ Ima nimmt sich einen der letzten Äpfel aus dem Obstkorb. Wahrscheinlich füttern wir den Klabautermann mit durch… und seine gesamte Verwandschaft. Jedenfalls nehmen unsere Frischvoräte immer rasend schnell ab.
Schlechte Sicht
Abends sitzen wir noch bei einem Glas Wein und Kerzenlicht in der Kajüte. Laut Wetterbericht ist in den nächsten Tagen wieder mit Starkwind zu rechnen. Nur morgen sind angenehme drei Windstärken angesagt.
„Wir sollten den morgigen Tag nutzen, um zurück in den Schärengarten zu schlüpfen. Dann haben wir alle Freiheiten…“ Ima ist einverstanden, obwohl wir beide gerne noch geblieben wären. Ich stehe auf, schalte das Licht über dem Kartentisch an und widme mich der Navigation. Ich habe Sehnsucht nach Bäumen. Wäldern…
„Schau mal hier: Kalvön. Da gibt es Wald!“ Ima lächelt mich an:
„Auja. Etwas Grün wäre schön.“ Na dann! Wenn es sogar meiner Wüstenblume so geht.
Wenn Fremde etwas weniger fremd werden
Platsch…atsch. Ich bemühe mich die Riemen gleichzeitig einzusetzen. Gelingt leidlich. Platsch…sch. Aber immer wieder hat das Platschen ein Echo. Platsch…tsch. Langsam gewinnt Ben Nemsis Luv, gegen den Wind und Strom. Platsch…h. Nach einer Weile werden die Ruderschläge synchroner. Die Boote, die am Steg längs festgemacht sind, liegen erstaunlich ruhig. Vielleicht schützen die vorgelagerten Steine? Mir ist unser rundum geschützter Platz lieber. Auch wenn man auf die Felsen klettern muss…
Segeln in Schweden: Auf nach Storö
Am nächsten Morgen eile ich sofort an Deck, um die Reuse einzuholen, die die ganze Nacht im Wasser war. Der Himmel schaut unfreundlich. Grau. Fies. Aber (noch) trocken. Ima ist nicht weniger neugierig als ich. Hand über Hand hole ich die Leine ein. Wie schwebend kommt die Reuse langsam zur Wasseroberfläche. Es sitzen einige große Krabben darinnen. Fischers Glück…
Segelboot mit Dschunkenrigg zu verkaufen
Auf der letzten boot Düsseldorf bemerkte ich voller Verwunderung, dass die Peregrine, das Boot meines Segelmachers Sebastian zum Verkauf steht. Verwundert fragte ich ihn:
„Du willst Peregrine verkaufen?! Hörst du auf zu segeln?“
„Nein, nein. Wir haben ja noch das kleine Boot. Aber die Tuchwerkstatt fordert uns so, dass wir kaum Zeit zum Segeln finden. Peregrine ist ein Seeschiff. Sie will bewegt werden. Ist doch zu schade, wenn dieses schöne Boot nicht genutzt wird.“
Niederlagen und wie man mit ihnen umgeht
Ich hadere immer noch mit mir wegen des Zusammenstoßes mit den Felsen. Langsam gleitet Néfertiti nordwärts. Die Fähre ist längst unseren Blicken entschwunden. Außen herum durch das gefährlichste Seegebiet der Westschwedischen Schären fällt mangels Wind aus. Wir nehmen lieber die Abkürzung durch den Sotekanal. So segeln wir mit atemberaubender Langsamkeit auf die Brücke zu.
Autsch!
Wir liegen im geschützten Mauseloch des Naturhafens von Hällö. Geschützt, aber eben auch Mauseloch. Jetzt wollen wir wieder hinaus. Das „Wendebecken“, das man auf dem Foto sieht, scheint mir zu flach für uns zu sein. Das Segelboot, das spät abends noch herein kam und vor uns fest gemacht hat, schränkt den Raum mit tiefem Wasser weiter ein. Anscheinend führt für uns der einzige Weg … rückwärts hinaus. Auch dort wird der Raum eingeschränkt durch die Schweden. Am Pier liegt außerdem ein breites Motorboot, scheinbar der Versorger des Wanderheims auf der Insel. Wer unseren Blog schon eine Weile verfolgt, weiß, dass Néfertiti widerspenstig ist, wenn sie rückwärts fahren soll.
Hallo Hällö
Als es dunkel wird, checke ich den Wetterbericht, um mit den Informationen die Navigation vorzubereiten. Ima sieht von ihrem Schmöker auf und guckt mir von ihrer Koje aus zu:
„Und?“
„Perfekter Segelwind. Vier Bft aus Südwest.“
„Den willst du ausnutzen?“
„Ja.“ Vor uns liegt das angeblich gefährlichste Seegebiet der westschwedischen Schären. Um es zu entschärfen wurde von 1931 bis 35 der Sotekanal gebaut. (War wohl gleichzeitig auch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die strukturschwache Gegend) Aber ich will außen herum. Bei dem guten Segelwind können auch die Weltmeister im Langsamsegeln mal eine (naja… etwas) größere Etappe ins Auge fassen… Néfertiti laufen lassen…
„Wir könnten nach Hamburgsund, mal wieder etwas Hafenluft genießen, oder zu einer der umliegenden Schären. Mal sehen.“ Ima hat sich wieder ihrem Roman zugewendet:
„Okay.“ Halber Wind bis Hällö und dann Raumer…